Urban Gardening gewinnt in Zürich immer mehr an Bedeutung. Verschiedene Projekte fördern den Anbau von Gemüse, Obst, Kräutern und Blumen – nicht nur zur Selbstversorgung, sondern auch als Ausdruck eines gemeinschaftlichen Lebensgefühls. Und nicht zuletzt freuen sich Insekten, Vögel und Schmetterlinge über die kleinen Naturoasen inmitten der Stadt. Also kurz gesagt: Die Bewegungen rund um das urbane Gärtnern verbinden Menschen, stärken Quartiere und bringen die Natur zurück ins Stadtbild.
Visionäre Projekte mit Wirkung
Auf dem Dach des Zollhauses möchte die Genossenschaft Kalkbreite einen öffentlich zugänglichen Dachgarten realisieren. Direkt an den Gleisen gelegen, sollen dort vielfältige Pflanzen gedeihen. Die Fläche bietet Lebensraum für Insekten, Rückzugsorte für Menschen und neue Blickwinkel auf den städtischen Raum. Begrünte Dächer wie dieses verbessern das Mikroklima und sind Ausdruck einer verantwortungsvollen Stadtentwicklung. Und nicht zuletzt bietet der urbane Dachgarten frische Vitamine zum Geniessen. Die essbare und grüne Dachbepflanzung ist übrigens keine Neuerfindung, sondern soll nach dem Vorbild ähnlicher Projekte in Berlin und Brooklyn entstehen.

Mehr als Gemüse
Ein Beispiel für gemeinsames Säen, Pflanzen und Ernten ist Meh als Gmües, eine solidarische Landwirtschaftsinitiative, bei der Mitglieder aktiv an der Produktion beteiligt sind. Sie bestellen Felder, pflegen Pflanzen und teilen die Ernte. So entsteht ein direkter Bezug zu Lebensmitteln und ein neues Verständnis für die Arbeit hinter dem, was täglich auf den Tisch kommt. Es gibt mehrere Projekte in der Stadt, an denen auch professionelle Gartenfachkräfte beteiligt sind.

Schülergärten – Urban Gardening seit 1911
Bereits 1911 wurde in Zürich die Idee verwirklicht, Kindern praktische Gartenerfahrung zu ermöglichen. Unter der Leitung von Pfarrer Gottfried Bosshard entstand das erste Gartenareal auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofs „Platte“ in Fluntern. Die Stadt stellte das rund 1’200 Quadratmeter grosse Grundstück zur Verfügung. Was damals als Versuchsfeld begann, entwickelte sich zu einem festen Bestandteil der städtischen Bildungsarbeit.
Heute bewirtschaften rund 650 Kinder in insgesamt 23 Schülergärten ihr eigenes Beet. Sie säen, pflegen und ernten Gemüse, Kräuter und Blumen. Die Gärten sind über das ganze Stadtgebiet verteilt und befinden sich meist in der Nähe von Schulhäusern. Sie vermitteln Wissen über Natur und Ernährung – und fördern Eigenverantwortung, Geduld und Freude an der Arbeit im Freien.

Umami aus dem Bürogebäude
Unglaublich, aber wahr: Es gibt ein Umami Projekt in Altstetten, das zeigt, dass auch aussergewöhnliche, innovative Systeme ihren Platz in der Stadt finden. In einem geschlossenen Kreislauf wachsen Pflanzen und Fische gemeinsam – im 4. Stock eines Bürogebäudes. Diese Wasseroase umfasst ein Ökosystem von dem neben Pflanzen, Garnelen und Fischen viele andere Organismen profitieren. Der Nährstoffkreislauf kommt ganz ohne Chemie aus und selbst Spitzenköche erkennen die hervorragende Qualität. Das bekannteste so erzeugte Lebensmittel sind die gesunden Microgreens, lecker in Salaten, Suppen oder auf dem Sandwich.

Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht
Urban Gardening lebt vom Engagement der Bevölkerung. Wer Lust hat, darf sich einbringen – unabhängig von Vorkenntnissen. In Gemeinschaftsgärten, Genossenschaften oder Quartierprojekten ist Unterstützung stets willkommen. Gärtnern in der Stadt bedeutet nicht nur Pflanzen setzen, sondern Verantwortung übernehmen und Teil einer wachsenden Bewegung sein.
Zürich bietet zahlreiche Einstiegsmöglichkeiten. Einige Initiativen suchen regelmässig neue Mitglieder, andere veranstalten Aktionstage oder offene Gartenstunden. Informationen dazu finden sich in Quartierzentren, auf Projektwebseiten oder bei der Stadt Zürich selbst. Es braucht keine grosse Fläche, um etwas zu verändern und gemeinsam mit anderen etwas wachsen zu lassen.